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Uraufführung auf dem Ramselhof
Hövelhof (WV). Ein idyllisch gelegener, liebevoll restaurierter Fachwerkkotten in einem Waldstück am Ortsausgang von Riege, im Innern erlesenes Ambiente bei Kerzenschein und herbstlich dekorierten schweren Holztischen – der Ramselhof bot wahrlich einen feierlichen Rahmen. Hier kam am Wochenende die 1994 gegründete Hermann-Schroeder-Gesellschaft zusammen, um sich in ihrer jährlichen Tagung an den Komponisten Hermann Schroeder zu erinnern. Wer jedoch als Gastzuhörer in der gut gefüllten Deele saß, um sich genüßlich zurückzulehnen und der Musik zu lauschen, wurde eines Besseren belehrt. Nach dem Streichquartett d-Moll op. 76 Nr. 2 von Joseph Haydn mit der dominierenden Kraft der Quinte fand zunächst die Begrüßung durch Ferdinand Henkemeyer statt, selbst ehemaliger Schüler Schroeders und auf dem Ramselhof aufgewachsen. Peter Becker, emeritierter Professor an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover, führte anschließend in die Beiträge ein. Er widmete sich zunächst ausführlich dem Streichquartett Nr. 1 C-Dur op. 49 von Dmitrij Schostakowitsch und seiner bewegenden inneren Entstehungsgeschichte vor dem Hintergrund des Krieges. Bei aller vermittelnden Freude kam in der Musik auch der Schmerz zum Ausdruck, in dem das Streichquartett entstand. Ein Höhepunkt des Programms war die Uraufführung des 4. Streichquartetts von Friedrich Radermacher. Der anwesende Komponist, Jahrgang 1924, stellte sich den Fragen von Prof. Becker, obwohl er nach eigenem Bekunden lieber Musik hört als über diese zu sprechen. Es war ein nicht alltägliches Erlebnis, einen ernsten, mit dem Kopf wippenden Komponisten bei der Uraufführung eines seiner Werke zu beobachten. Besonders das "Allegro scherzando" bewies, dass Radermacher keine Berührungsängste mit der guten U-Musik hat. Nach der Pause stand das 1939 geschriebene und 1940 ausgezeichnete 1. Streichquartett c-Moll von Hermann Schroeder auf dem Programm. Auch hierzu gab es eine Einführung, bevor das Werk und im Anschluss daran aus Zeitgründen nur das "Presto" von Mozarts Streichquartett C-Dur KV 157 erklangen. Das "Minsker Streichquartett" spielte ansprechend und temperamentvoll, die Vorträge waren hochkarätig, jedoch wohl eher für das Fachpublikum gedacht. Von Andrea Auffenberg (erschienen in: Westfälisches Volksblatt, 17.10.2000)
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