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Erinnerungen von K. Kronauer 1938


Karl Kronauer: Erinnerung an Hermann Schroeder, erschienen in: Mitteilungen der Hermann-Schroeder-Gesellschaft, Heft 3, 2003, S. 67-68

Schon als Unterprimaner habe ich Hermann Schroeder bei einer Chorleitertagung in Trier erlebt, die er mit Heinrich Lemacher durchführte. Damals war ich Organist im Konvikt und der Leiter des Hauses erbat mir einen Tag Urlaub vom Friedrich-Wilhelm-Gymnasium. Lemacher stellte Schroeder vor als zukunftsfrohen Gestalter der Musica sacra. Seine Konzerte in St. Paulin haben wir im Schülerkreis miterlebt. St. Paulin hatte damals die modernste Orgel Triers. In der Nachkriegszeit stellte ich einen Lehrerchor zusammen, mit dem ich oft und gerne das Schroeder-Requiem gesungen habe. Weil ich mich noch gut an das Weihnachtserlebnis von 1938 erinnern kann, habe ich es in kurzen Worten festgehalten.

Wer diese Zeilen liest, möge sich den Trierer Dom vorstellen, wie er vor dem 2. Weltkrieg ausgesehen hat: Die Orgel zweigeteilt, rechts und links im Chor, der Spieltisch mitten im Orgelgehäuse rechts, nur mit Spiegeln Blick zum Hauptaltar vorne hoch und rückwärts zum Kirchenschiff möglich. Und der Schreiber dieser Zeilen als junger Theologiestudent in einem Chorstuhl während des Weihnachtshochamtes, als Hermann Schroeder leider nur so kurze Zeit hier Domorganist war.

Die Sakristeiglocke ertönte. Die Orgel stimmte ein mit dem Thema des Gregorianischen Chorals "Puer natus est nobis", erst verhalten, dann umspielt mit Schroederschen Quarten und Quinten weiterführend durch alle Stimmen, bis auf einmal der Teriferar1 als Anführer des großes Zuges mit Bischof Franz Rudolf Bornewasser von der Sakristeiseite kommend sein Weihrauchfaß im hohen Bogen von 45 Grad herumführte und die große Lettnertreppe bestieg; da faßte der Organist, der ihn erst jetzt sehen konnte, sein Schreiten auf in seine Improvisation und führte sein Hauptthema von Weihnachten immer steigernd in der Intensität der Verkündigung der Frohbotschaft, immer weiter in ganz vielen Variationen und Umkehrungen, bis der große Zug am Hauptaltar angekommen war, und während der Inzensation spielte Schroeder etwas ganz Absonderliches: ganz oft den Ruf der aufsteigenden (Puer-) Quinte – ich meinte, der ganze Dom mit allen Besuchern würde rufen, nein schreien: "Ein Kind! Ein Kind! Ein Kind!"

Ein solches durch und durch liturgisch und musikalisch intensives Weihnachtshochamt habe ich nie wieder erlebt, wobei Hören und Sehen von der Orgel ausgingen und alles Mitempfinden einschlossen. -

Nach einem Konzert zu seinem 80. Geburtstag am 18. März 1984 haben meine Frau und ich Herrn Schroeder an der Bernkasteler Michaelskirche zufällig getroffen. Kurzes Gespräch! Ich erinnerte ihn an jenes Erlebnis im Dom zu Trier. "Keine Erinnerung!" antwortete er. Das war mir typisch für jede Improvisation, aber ein Beweis für einen gottbegnadeten Musiker, der für lange Gespräche über seine Kunst nicht zu sorgen brauchte.

Anmerkung der Redaktion: Die Chorleitertagung fand am 31. Juli 1935 während der Generalversammlung des Diözesan-Cäcilien-Vereins Trier statt, die Orgelkonzerte in St. Paulin spielte Schroeder im Zeitraum November 1938 bis März 1939. Das erwähnte Konvikt war an das Trierer Priesterseminar angeschlossen, hier waren auch ältere Schüler des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums untergebracht. Während seiner Schulzeit auf dem FWG (1919-1923) wohnte auch Hermann Schroeder in diesem Konvikt.



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